Vorwort zum Amtsbericht 2008 der
Evang.-ref. Kirche des
Kantons St. Gallen, März 2009
Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident
„St. Galler
Kirche 2015“ von der Synode verabschiedet
Am 1. Dezember 2008 hat die Synode mit der Genehmigung
des Dokumentes „St. Galler Kirche 2015 –
Auftrag, Vision, Leitziele 2015“ die Ausrichtung und die Leitziele
unserer Kirche für die nächsten Jahre festgelegt.
Als Basis der Erarbeitung dienten
„St. Galler Kirche 2010“ vom 3. Dezember
2001 und der Bericht über die Visitation 2007.
Eine Aussprachesynode, ein kantonales Pfarr- und SDM-Kapitel und
Diskussionen in verschiedenen anderen Gremien sowie eine Vernehmlassung
bei allen Kirchenvorsteherschaften und Mitarbeitergruppen ermöglichten
im Berichtsjahr eine breite Beteiligung an der Gestaltung der
Marschrichtung und der Prioritäten unserer Kirche für die Jahre bis
2015.
Was sind die Hauptaussagen dieses Dokumentes?
Grundaussagen
unverändert
Die Abschnitte zu „Fundament und Bekenntnis“(1), zum
„Auftrag“(2) sowie zur „Vision“(3) und deren „Entfaltung“ (4) wurden
praktisch unverändert aus „St. Galler Kirche 2010“ übernommen. In der
Visitation und in den nachfolgenden Diskussionen hatte sich gezeigt,
dass diese Aussagen in unserer Kirche nach wie vor breit getragen werden
und beachtliche programmatische Kraft entwickeln. Das gilt namentlich
auch für die Formulierung der gemeinsamen Vision einer Kirche „nahe
bei Gott – nahe bei den Menschen“. Diese Kurzformel soll unsere St.
Galler Kirche auch weiterhin inspirieren.
Eine massgebliche Weiterentwicklung und Detaillierung
erfuhren die Leitziele. Obwohl auch hier Kontinuität sichtbar ist, hat
sich unsere Kirche seit dem Jahr 2001 deutlich weiter entwickelt und in
der Vielfalt ihrer Arbeitsgebiete ausdifferenziert. Verglichen mit den
Leitzielen 2005 sind jene für 2015 deshalb umfangreicher, vielfältiger
und differenzierter geworden. Sie bringen jedoch kaum Korrekturen
gegenüber der bisher eingeschlagenen Richtung. Neu ist die starke
Gewichtung von Gemeindeentwicklung und Mitarbeiterförderung, Themen, die
diesmal ein eigenes, von den Finanzen getrenntes, Leitzielfeld
erhielten.
Drei
strategische Hauptlinien in den Leitzielen 2015
Insgesamt sind in den Leitzielen von „St. Galler
Kirche 2015“ drei strategische Hauptlinien sichtbar.
1. Auftrag
und Vision vertiefen
Die St. Galler Kirche möchte ihrem in Artikel 1 der
Kirchenverfassung festge-legten Fundament Jesus Christus und dem in
Artikel 2 formulierten Auftrag zu dessen Bezeugung in Wort und Tat treu
bleiben. Sie will weiterhin beiden Aspekten einer Kirche „nahe bei Gott
– nahe bei den Menschen“ nachleben. Diese Ausrichtung soll in den
nächsten Jahren in der Reflexion, in der Kommunikation und im
praktischen kirchlichen Leben weiter vertieft und ausgebaut werden.
2. Programmarbeit
stärken: Qualität, Vielfalt und Innovation
Reformierte Kirche manifestiert sich massgeblich in
vielfältigem Leben und gemeinsamem Unterwegssein in den Kirchgemeinden
und in übergemeindlichen Diensten, also in „Programmarbeit“. Diese soll
in den nächsten Jahren weiter gestärkt werden, und zwar namentlich in
drei Beziehungen: in Qualität, Vielfalt und Innovation.
Unsere professionalisierte Welt stellt hohe
Ansprüche an die Qualität dessen, was wir als kirchliche
Gemeinschaft tun. In all unserer Arbeit müssen wir darum nach
bestmöglicher Qualität streben, uns ständig entsprechend aus- und
weiterbilden und unsere angestellten und freizeitlichen Mitarbeitenden
angemessen fördern.
Unsere pluralistisch gewordene Gesellschaft
verlangt nach Vielfalt. Um den vielfältigen Erwartungen und Bedürfnissen
heutiger Menschen gerecht zu werden und uns dennoch nicht selber zu
überfordern, müssen wir Zielgruppen unterscheiden und aus der Vielfalt
möglicher Formen von Glaubensleben und Programmtypen jene auswählen, die
den Menschen, mit denen wir unterwegs sind oder sein wollen, am besten
entsprechen. Das gilt für Gottesdienste genau so wie für
Erwachsenenbildung oder diakonische Tätigkeiten.
Die ständigen raschen Veränderungen in der
heutigen Zeit erfordern von uns ein hohes Mass an Innovation.
Traditionelle Formen kirchlichen Lebens haben nicht einfach ausgedient.
Aber oft müssen sie weiterentwickelt oder durch neue, innovative Formen
ergänzt werden. Das können wir nicht alles selber leisten. Der
Ermutigung und der Förderung von Innovationen, dem Austausch von Ideen
und dem Lernen von einander, kommt wachsende Bedeutung zu.
3. Gemeindeentwicklung
und Mitarbeiterförderung
Dass dies alles ein hohes Mass an Mitarbeiterförderung
voraussetzt, ist nichts Neues. Aber diese Aufgabe soll in den nächsten
Jahren noch nachdrücklicher ins Bewusstsein gerückt und verstärkt
Hilfestellung angeboten werden. Zudem muss einem systematischen und gut
reflektierten Gemeindeaufbau überall grosses Gewicht beigemessen werden.
Kirchgemeinden mit einer starken Ziel- und Mitarbeiterorientierung haben
ihre Situation in der Visitation 2007 deutlich positiver beurteilt als
Gemeinden, die diese Aufgabe wenig im Blick hatten.
In verschiedenen Regionen bedeutet Gemeindeentwicklung
zudem das Anstreben von regionalen Kirchgemeinden. Schrumpfende
Kleingemeinden haben mittelfristig keine erstrebenswerte Zukunft mehr.
Das gilt nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern namentlich auch
wegen der erzwungenen Beschränkung auf klassische Kirchgemeindearbeit.
Wie sich in anderen Kantonen bereits zeigt, bringt die zunehmende
Schrumpfung eine kontinuierliche Verkümmerung des kirchlichen Lebens bis
hin zum völligen Austrocknen. Es ist erfreulich, dass in unserem Kanton
eine ganze Reihe von Kirchgemeinden das drohende Problem erkannt hat und
in ernsthafte Gespräche über zukünftige Formen der Zusammenarbeit bis
hin zum Zusammengehen eingetreten ist.
Aufgaben der
Kantonalkirche und der Kirchgemeinden
Dem kantonalkirchlichen Mitarbeiterstab kommt in all
diesen Themen eine zentrale animierende und unterstützende Funktion zu.
Die Kirchgemeinden sind aufgerufen, ihre Tätigkeiten, Ziele und
Schwerpunkte regelmässig an der gemeinsamen Vision und den Leitzielen zu
messen und in zielgerichteten Schritten zu deren Verwirklichung
beizutragen.
Dank
Der Kirchenrat dankt all den vielen hauptamtlichen,
nebenamtlichen und freiwilligen Mitarbeitenden, die bei der Erarbeitung
von „St. Galler Kirche 2015“ mitgedacht und mitgestaltet haben, und –
noch wichtiger – miteinander auch 2008 in unserer Kirche engagiert und
fachlich kompetent als Kirche „nahe bei Gott – nahe bei den Menschen“
unterwegs waren. Gottes Segen möge auch weiterhin mit uns sein.