Vorwort zum Amtsbericht 2009 der
Evang.-ref. Kirche des
Kantons St. Gallen, März 2010
Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident
Musik berührt
die Menschen in ihrem Herzen
Weil Menschen von guter Musik direkt
in ihrem Herzen berührt werden, hat sie seit jeher im Leben der
christlichen Kirche, und vorher bereits in alttestamentlicher Zeit, eine
wichtige Rolle gespielt. David wäre ohne sein Leierspiel nicht zu Saul
gekommen und damit kaum König geworden. Die Bibel ohne Psalmen –
undenkbar. Selbst als Lied und Musik von einzelnen Reformatoren
zeitweilig aus dem Gottesdienst ausgesperrt wurden, kehrten sie bald
dorthin zurück und wurden neben Predigt, Lesung und Gebet zu einem
wichtigen Element gottesdienstlicher Verkündigung und Anbetung.
Musik ist eine grossartige Gabe Gottes
zur Nährung und Erfüllung der menschlichen Seele. Gute Musik kommt aus dem
ganzen Menschen des Musikers, und sie spricht den ganzen Menschen des
Zuhörenden an. Das Kriterium für gute Musik ist weder, wie virtuos die
Instrumenten- oder Stimmbeherrschung ist, noch wie akrobatisch der
Parcours der Melodielinien, Akkordfolgen und Rhythmen absolviert wird.
Selbstinszenierung mag dem Musiker Ehre bringen. Wahre Musik ereignet sich
aber erst dort, wo sich im Musizieren der musizierende Mensch zeigt, wo er
sich engagiert und die Menschen bewegt, wo er spürbar und damit auch
verletzlich wird. Solche Musik hat Zeugnischarakter. Sie schafft Räume
der Begegnung.
Musik ist auf Kommunikation, ja auf
Interaktion angelegt, auf Zuhörende, die sich ihrerseits öffnen und ihre
Seele berühren lassen.
Musik verbindet Menschen von Seele zu
Seele – und manchmal mit Gott.
Musik
verändert sich mit den sich verändernden
Menschen
Es erstaunt nicht, dass Musik samt
ihren Stilen immer in Wandlung begriffen ist. Sie drückt die jeweilige
Zeit und deren Erleben aus. Sie ist geprägt von der jeweiligen
Gesellschaft und ihren Ausdrucksweisen. Musik lässt sich zwar auf
Notenpapier und CDs dokumentieren und „konservieren“. Zum Leben aber kommt
sie erst durch das Erklingen und durch das, was sie beim sich ihr
öffnenden Menschen auslöst.
So muss sich auch Kirchenmusik mit den
sich verändernden Menschen verändern, soll sie echter Ausdruck des
Glaubens bleiben, weiterhin Glauben wecken und bestärken. Das
Wiedererklingen alter und vertrauter Weisen löst Gefühle von Vertrautheit,
Geborgenheit und Identität aus. Daneben müssen auch neue Töne erklingen,
sollen heutige Herzen bewegt werden. Kirchenmusik stand darum schon immer
in lebhaftem Austausch mit der sie umgebenden zeitgenössischen
Gesellschaft und deren musikalischen Ausdrucksformen.
Musik lebt und
weckt Glauben
In der St. Galler Kirche laufen
zurzeit faszinierende kirchenmusikalische Prozesse und Entwicklungen. Sie
verbinden Tradition und neue, „populäre“ Musikformen miteinander. Sie
drücken heutiges Christenleben aus. Sie stärken den Glauben und die
Gemeinschaft in unserer Kirche.
Gesetzgeberisch hat die Synode dieser
Entwicklung Rechnung getragen, indem sie auf den 1. Januar 2010 mit einem
neuen Kirchenmusikreglement die Kirchenmusik neben Pfarramt,
Sozialdiakonie und Religionspädagogik zu einem vierten, gleichwertigen
Programmfeld machte. Dabei sollen die musikalischen Stilrichtungen in
gleichberechtigter Vielfalt gefördert, die Kirchenmusik mit hoher Qualität
betrieben und die Musikerinnen und Musiker ihrer Leistung entsprechend
entschädigt werden.
Inhaltlich hat die Kantonalkirche in
den letzten Jahren ihre Förderung der Musik, ihre Bildungsmassnahmen und
die Begleitung der Kirchgemeinden ausgedehnt auf heutige musikalische
Erlebniswelten. Am kantonalen Singtag vom letzten Oktober erlebten über
200 Teilnehmende, wie lebendig diese Bewegung in unserer Kirche geworden
ist und wie stark sie inzwischen das Gottesdienstleben vieler
Kirchgemeinden mitprägt. Unsere Kirchenmusiklehrgänge und -workshops sind
gut besucht. Diese behutsame, langfristig angelegte Gehweise gilt es mit
einer klaren Vision und viel Sorgfalt weiterzuführen.
Musik kommt von lebendigen Herzen und
berührt lebendige Herzen. Sie lebt Glauben, bezeugt Glauben und weckt
Glauben. Dafür sind wir Gott und den Menschen dankbar.
Dank
Der Kirchenrat dankt all den vielen hauptamtlichen,
nebenamtlichen und freiwilligen Mitarbeitenden, die sich auch 2009 in
vielfältigen Funktionen in unserer Kirche engagiert haben und fachlich
kompetent als Kirche
„nahe
bei Gott – nahe bei den Menschen“ unterwegs waren. Gottes Segen
möge auch weiterhin mit uns sein.