Bettagsmandat 2003 des Kirchenrates, September 2003,
verfasst von Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident
Einen anderen Grund kann niemand
legen
als den, der gelegt ist,
welcher Jesus Christus ist.
(1. Kor. 3,11 und Präambel der St. Galler Kirchenverfassung)
Liebe Mitchristinnen und Mitchristen
Der
Kanton St. Gallen und die Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons
St. Gallen sind beide 200 Jahre alt. Ihre Jubiläen feiern sie heuer
je auf ihre Weise. Unsere Kantonalkirche ist im Laufe dieser Zeit
sowohl in der praktischen Arbeit wie auch als Institution vom Staat immer unabhängiger
geworden. Dennoch blieb Nähe.
Auch die auf Anfang des laufenden Jahres in Kraft gesetzte neue Kantonsverfassung
spricht den grossen Kirchen die öffentlich-rechtliche
Anerkennung zu, verpflichtet sie auf demokratische Strukturen und gibt
ihnen das Recht
zum Steuereinzug. Somit ist unsere Kirche auch nach 200 Jahren immer noch Landeskirche.
Wir als ihre Glieder sind nach wie vor zum Dienst an den Nächsten
aufgerufen, unabhängig von ihrem Herkommen. Wir erfüllen einen Auftrag an
unserer gesamten
Gesellschaft, hier im Kanton und zugleich weltweit. Wir wollen für alle Arten von
Menschen und in allen gesellschaftlichen Bezügen Salz der Erde sein und
bleiben, so
wie es uns Jesus Christus gelehrt und vorgelebt hat.
Der Eidgenössische Dank-, Buss-, und Bettag ist kein kirchlicher, sondern
ein staatlicher Feiertag.
Der Staat, die Eidgenossenschaft, macht damit geltend, er habe
Interesse daran, dass seine Bürgerinnen und Bürger danken, Busse tun
und beten. Das schliesst heute ein über den Kreis der Christen hinaus gehendes,
interreligiöses Danken, Busse Tun und Beten ein. Für die in der Schweiz
lebende pluralistische, multikulturelle Gesellschaft sind gemeinsame Grundwerte
wichtig. Über
unsere Eigeninteressen hinaus sollen wir uns einem Grösseren verantwortlich, dankbar und
verpflichtet fühlen. Wir können zwar nicht von allen Menschen erwarten, dass sie ihr
Leben mit Jesus Christus verbinden. Wir als Christinnen
und Christen aber wollen unsere Beiträge an Kirche und Gesellschaft
weiterhin auf dem
Fundament aufbauen, das vor zweitausend Jahren gelegt wurde: Jesus Christus und
seine Botschaft von der Liebe Gottes. Diese Liebe gilt allen Menschen, und
sie ruft uns auf, unseren Mitmenschen mit Respekt und Zuwendung zu
begegnen und ihnen Liebe weiter zu geben.
Dass unsere St. Galler Kirche 200 Jahre lang auf diesem unerschütterlichen
Grund im Dienst der Menschen bei uns und in der Welt tätig
sein durfte, dafür
danken wir.
Wir können für uns nicht in Anspruch nehmen,
wir seien unserem christlichen Auftrag alle Zeit treu geblieben. Auch
haben wir uns im privaten
und im öffentlichen Leben nicht stets für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der
Schöpfung eingesetzt haben. Dafür tun wir Busse.
Insbesondere aber beten wir heute für die Kirchen und ihre Glieder, wie auch für unsere ganze Welt und Gesellschaft.
§
Wir beten um eine lebendige Beziehung zu
Jesus Christus, dem Fundament unseres Lebens.
§
Wir beten um Treue zu seiner
Liebesbotschaft, welche allen, wirklich allen Menschen dieser Welt gilt.
§
Wir beten um Weisheit und für Zivilcourage
in unseren Entscheidungen im Privatleben wie in der Gesellschaft.
§
Wir beten um eine Welt in Frieden und
Gerechtigkeit.
§
Und wir beten darum, dass sich unsere St. Galler Kirche
auch künftig den Herausforderungen ihrer Zeit stellt, damit sie eine Kirche „nahe bei Gott – nahe bei den
Menschen“ sein und bleiben darf.
Amen.