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Bei dir Herr ist die Quelle des Lebens

Psalm 36,10 und Jeremia 17,7-8a

 

 

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Ordination eines Pfarrers
Sonntag, 17. November 2002, Evang.-ref. Kirche St. Niklaus, Schwammendingen ZH
Predigt Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident

 

Einladung nach Schwammendingen

Liebe Gemeinde

Zuerst ein herzliches Dankeschön für die Einladung hier nach Schwammendingen. Wir feiern ja heute eine St. Galler Ordination. Unser junger Pfarrer wird ins Ministerium der St. Galler Kirche aufgenommen.

Solche Ordinationen werden normalerweise auf dem Gebiet der Mutterkirche durchgeführt, während ich heute so zu sagen auf fremdem Territorium operiere - selbstverständlich mit höchstobrigkeitlicher Genehmigung des Zürcher Kirchenrates.

Ich finde es aber schön, dass Peter seine Ordination zusammen mit Ihnen als seiner Vikariatsgemeinde feiern kann. Mir wurde bei den Gesprächen mit ihm deutlich, dass er Sie und die Menschen in der Strafanstalt Böschwies sehr ins Herz geschlossen hat und sich mit Ihnen verbunden fühlt.

Und wir St. Galler werden ja noch manche Gelegenheit haben, mit dem neuen Pfarrer zusammen zu sein. Er wird nämlich ab dem nächsten Jahr bei uns mit einem 50% Pensum als Gefängnisseelsorger tätig. Wir freuen uns auf Dich, Peter!

Und Ihnen, liebe Schwammendinger, danken wir für alles,
was Sie Peter, und damit auch uns, im letzten Jahr mitgegeben haben.

 

Woher kommt die Kraft, Pfarrer zu sein?

Nun möchte aber auch ich mit Ihnen einige Gedanken zu einem biblischen Text teilen.

Im Vorgespräch mit Peter und jetzt auch wieder beim Anhören seiner Predigt, ist mir einmal mehr deutlich geworden, wie anspruchsvoll der Beruf eines Pfarrers heute ist, und welch grosse Verantwortung er für die ihm anvertrauten Menschen, aber auch für die ihm anvertraute gute Botschaft übernimmt.

Und jeder ein bisschen wache junge Pfarrer, aber auch jedes Gemeindeglied überhaupt, beginnt doch da zu fragen: Woher kommt denn die Kraft, und der täglich notwendige Lebensmut, sich solchen Aufgaben zu stellen? Ja sich dem Leben überhaupt zu stellen?

Und so kam mir nach unserem Gespräch beim Nachdenken immer wieder ein Bibelvers in den Sinn, zu dem ich selber eine besondere Beziehung habe. Es ist nämlich mein eigener Konfirmandenspruch. Er zierte die Wand unseres Unterrichtszimmers, in welchem ich den Konfirmandenunterricht genoss. Inzwischen wurde im Kirchenzentrum Heiligkreuz in St. Gallen renoviert und mit dieser Renovation verschwand leider auch der Bibelvers.

Gültig scheint er mir aber noch allemal, heute wie vor hunderten von Jahren. Eigenartigerweise habe ich noch nie über ihn gepredigt. Und auch heute bleibt es ja bei einer Kurzpredigt.

Es ist Vers 10 aus Psalm 36 (Psalm 36, 10):

„Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens
und in deinem Lichte
sehen wir das Licht.“

Mich spricht die Bildhaftigkeit dieses Textes an. Ich sehe eine saftige grüne Wiese und ein sprudelndes Wasserbächlein, das aus einer Quelle unterhalb eines bergenden Felsbrockens strömt.

Saftige, grüne Wiese, sprudelndes Wasser in einem Bächlein, entspringend einer Leben spendenden Quelle - für mich starke Symbole für Fülle im Leben, für Entspannung, für Geborgenheit, für unbesorgtes Leben im Jetzt.
Bild, Sehnsucht von heilem Leben, Distanz von den Sorgen des Alltagsund von all den Verpflichtungen und Verantwortungen, die er mit sich bringt.

Selber in so einer Wiese am Quellbächlein sitzen können, nichts tun, einfach ins Wasser schauen, dem Wasser folgen bis es weit weg irgendwo auf dem Weg zur Weite des Meeres verschwindet.

Wasser, das von irgendwoher kommt, das einen Anfang hat, das einer Quelle entspringt.

Das Wasser entspring genauso einer Quelle wie unser Gefühl von Geborgenheit, von Unbesorgtsein, von heilem Leben einen Ursprung hat. Als Christen bekennen wir diesen Ursprung als Gott.

„Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens“ spricht genau von diesem Bekenntnis. Aber noch mehr: Es spricht von einer Erfahrung. Von einer Erfahrung, die unzählige Menschen und viele Generationen durch alle Jahrtausende in ihrem Leben gemacht haben: dass es nämlich eine Quelle des Lebens gibt.

Und dass man sich an das aus ihr fliessende Wasserbächlein setzen kann, mitten in einem saftigen Wiesengrün.

Ich weiss, liebe Gemeinde dass jetzt viele unserer Zeitgenossen einwenden werden: Romantizismus, naive Weltflucht, den bitteren Realitäten unserer Welt nicht standhaltend. „Wenn Sie mein Leben führen müssten, Herr Pfarrer!“

Ich weiss auch, dass der Weg von diesem Quellbächlein immer wieder zurück in den Alltag mit seinen Aufgaben und Verantwortungen führt.

Aber ich muss Ihnen einfach sagen, dass ich mir auch meine Erfahrung nicht ausreden lasse, dass es diese Quelle des Lebens gibt, und dass sie mich immer wieder stärkt und mich und ausrüstet, im Alltag der Welt mit offenen Augen zu leben und mit zupackenden Händen zu arbeiten.

 

Engagiertes Leben aus der Kraft des Wassers von der Quelle

Lieber Peter

Du sollst als Pfarrer arbeiten. Engagiert arbeiten. Mit deinem ganzen Herzen und mit deinem ganzen Verstand.

Aber du darfst auch wissen, dass es dazu eine Quelle braucht, die dich stärkt. Die das Wasser sprudeln lässt, das dir zuerst selber Leben gibt; Leben, das du dann weitergibst an die vielfarbigen Menschen rund um dich herum.

Es ist eine ganz wichtige Einsicht des christlichen Glaubens, dass man nur weitergeben kann, wenn man zuerst selber empfangen und erlebt hat.

Wir haben miteinander darüber gesprochen, was es bedeutet, in Schottland am Ufer des Meeres zu sitzen und in die Ferne zu blicken. Hinaus in die Weite, die eigene Befindlichkeit überschreitend. Ahnen einer Wirklichkeit, die weit mehr ist, als wir im hastigen Alltag wahrnehmen.

Offen sein für eine Lebensdimension, die über uns hinaus geht. Bereit sein für den Anruf unseres Gottes, der uns – auch als Pfarrer – immer zuerst selber meint. Und uns dann hinausschickt zu den Menschen.

Offen sein für die Quelle des Lebens. Offen sein für das Licht, in welchem wir erst das Licht sehen.

Peter, das wünsche ich dir, dass du mitten in deinem engagierten und beschäftigten Pfarrersein immer wieder zu diesem Quellbächlein zurückkehrst, dich für einige Stunden im Grün seines Ufers niederlässt
und gar nichts tust.

Was du dabei empfängst, wirst du immer erst nachher im Leben deiner Mitmenschen sehen. Und natürlich in deinem eigenen.

Gib dir Sorg, Peter - und bleib beim Quellwasser!

Aber auch uns allen, liebe Gemeinde gilt dieses Angebot.

Ich weiss, diese Wiese am plätschernden Bach liegt nicht bei uns allen am gleichen Ort. Aber ich glaube jedes von uns weiss, wo sein Quellbächlein zu finden ist. Vielleicht etwas überwachsen, vielleicht schon lange nicht mehr besucht. Vielleicht nur noch als unbestimmte Sehnsucht nach einem Leben in Geborgenheit vorhanden.

Doch dieses Bächlein und seine Quelle gibt es für jedes Leben, für jeden Menschen. Gott hat uns das versprochen, Jesus uns Wege gezeigt, es in unserem Leben zu finden.

Folgen wir unserer Ahnung, folgen wir unserer Sehnsucht.

Man kann es nicht beweisen. Aber man kann es erleben, wie es unzählige Menschen vor uns erlebt haben:

„Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens
und in deinem Lichte
sehen wir das Licht.“

 

Wie ein Baum, gepflanzt am Wasser

Ich möchte schliessen, indem ich Ihnen noch einen zweiten Lieblingstext von mir mitgebe.

Auch er hat mit Wiese und Bach zu tun. Vor allem aber mit einem Baum, der am Ufer dieses Baches gepflanzt ist und seine Wurzeln zum Bach hin ausstreckt.

Es geht wieder um die Frage: Woher erhalte ich den Lebenssaft für mein Leben? Der Text sagt: So ein Baum ist der Mensch, der Gott vertraut, der seine Hoffnung auf Gott setzt und Gottes Nähe sucht.

Es ist der Text Jeremia 17, 7-8a. Und weil er für mich so wichtig ist, lese ich ihn in allen meinen Gottesdiensten vor dem Segen:

"Gesegnet ist der Mensch,
der auf Gott vertraut
und dessen Hoffnung der Herr ist.
Er ist wie ein Baum,
der am Wasser gepflanzt ist
und seine Wurzeln
zum Bach hin ausstreckt."

„Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens
und in deinem Lichte
sehen wir das Licht.“

Amen.

 



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Inhalt

Einladung nach Schwammendingen

Woher kommt die Kraft, Pfarrer zu sein?

Engagiertes Leben aus der Kraft des Wassers von der Quelle

Wie ein Baum, gepflanzt am Wasser

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Woher kommt denn die Kraft, und der täglich notwendige Lebensmut, sich solchen Aufgaben zu stellen? Ja sich dem Leben überhaupt zu stellen?

 

 

 

 

 

 

 

 

Saftige, grüne Wiese, sprudelndes Wasser in einem Bächlein, entspringend einer Leben spendenden Quelle - für mich starke Symbole für Fülle im Leben, für Entspannung, für Geborgenheit, für unbesorgtes Leben im Jetzt.

 

 

 

 

„Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens“ spricht von einer Erfahrung, die unzählige Menschen und viele Generationen durch alle Jahrtausende in ihrem Leben gemacht haben: dass es nämlich eine Quelle des Lebens gibt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es ist eine ganz wichtige Einsicht des christlichen Glaubens, dass man nur weitergeben kann, wenn man zuerst selber empfangen und erlebt hat.

 

 

 

Offen sein für eine Lebensdimension, die über uns hinaus geht. Bereit sein für den Anruf unseres Gottes, der uns immer zuerst selber meint. Und uns dann hinausschickt zu den Menschen.

 

 

 

 

 

 

Man kann es nicht beweisen. Aber man kann es erleben, wie es unzählige Menschen vor uns erlebt haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

Gib dir Sorg - und bleib beim Quellwasser!