Interview von Evelyne Graf mit
Kirchenratspräsident Pfr. Dr. Dölf Weder im
Katholischen
Pfarreiforum, Februar 2014
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regula kühne
Unser Fundament ist Jesus
Christus
Voller Elan, Freude ausstrahlend, pflichtbewusst und
niemandem Red’ und Antwort schuldig bleibend, so kennt man Dölf Weder,
den scheidenden Kirchenratspräsidenten der reformierten St. Galler
Kantonalkirche. Der ordinierte Pfarrer und Doktor der Theologie hat
während 14 Jahren die evangelische Kirche im Kanton St. Gallen geprägt
und geführt unter dem Motto: «Nahe bei Gott und nahe bei den Menschen».
Dabei war für ihn das konkrete ökumenische Miteinander ganz wichtig.
Dölf Weder kam schon in seiner
Jugendzeit mit der weltweiten ökumenischen Bewegung CVJM/YMCA
(Christlicher Verein Junger Menschen) in Kontakt. Sie wurde prägend für
sein ganzes Leben. Seine Doktorarbeit widmete er dem Thema
«Christliche Jugendarbeit». Von 1979
bis 1986 wirkte er als Sekretär des
Cevi St. Gallen.
Nachdem er den
schweizerischen CVJM bereits seit den Siebzigerjahren auf
europäischer und zum Teil auf
Weltebene vertreten
hatte, wurde er 1990 zum Generalsekretär des
Europäischen CVJM
Bundes berufen mit gegen zwei Millionen Programmteilnehmenden, Sitz
in St. Gallen, seit 1999 in Prag. Die Öffnung von Osteuropa bedeutete
eine grosse Herausforderung und fast die Verdoppelung der Zahl der
Nationalverbände in den Neunzigerjahren.
Im Sommer 1998 wurde Dölf Weder
nebenamtlich Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons
St. Gallen und betreute das Ressort Erwachsenenbildung. Im Jahr 2000
wurde er zum Kirchenratspräsidenten
gewählt.
Gemeinschaft mit Christus
«Christus ist für mich das
Fundament meines Lebens», bekennt Dölf Weder und fügt hinzu: «Und
Christus ist die Mitte unseres Kircheseins über Konfessionsgrenzen
hinweg. Die Erfahrung dieser ‹Christus-Gemeinschaft› prägt auch mein
Kirchenbild. Wir sind Kirche als Christus-Gemeinschaft.» Bei der Weihe
von Markus Büchel zum Bischof sagte er in der Kathedrale zu ihm: «Mit
deiner ökumenischen Haltung bist du auch ein bisschen ‹unser› Bischof
von St. Gallen.» Und kürzlich bei der Begegnung mit Bischof Markus bei
dessen Neujahrsempfang sagte er zu ihm: «Ich (Dölf Weder) fühle mich
auch bei dir irgendwie zu Hause.» Der Bischof und der
Kirchenratspräsident sind gute Freunde, haben viele ökumenische Projekte
der beiden Kirchen begleitet wie etwa die alle zwei Jahre stattfindende
«Nacht der Lichter». Immer wieder sei in diesen Begegnungen, in diesem
Engagement für ihn «Reich Gottes» aufgeblitzt. Immer wieder habe er
Christus in der Mitte der Teilnehmenden erfahren.
Förderung der Ökumene geschehe
da, wo Menschen gemeinsam Christus erleben, wo sie ein lebendiger
Christus-Glaube verbinde. Dazu gehöre auch, Zeugnis über den Glauben
abzulegen. «Wir stehen heute in der Gefahr der ‹Selbst-Säkularisierung›,
weil wir nicht den Mut haben, über unseren persönlichen Glauben, unsere
Erfahrung mit Christus zu sprechen. Wir überlassen das Reden über den
Glauben lieber den Profis und ihren amtlichen Auftritten. Wir flüchten
uns in allgemein anerkannte Lebensweisheiten, in allgemeinreligiöse
Spiritualität oder in soziale Anliegen. Auch das ist ja nicht schlecht.
Aber genügt das auf die Dauer?»
Er selbst wäre ohne die
überzeugenden Worte und Taten vieler Christen und Christinnen nie
Pfarrer, nie Jugendsekretär und nie Kirchenratspräsident geworden. Dölf
Weder ist überzeugt: «Kirchliche Programme, Aktivitäten und soziale
Aktionen allein genügen nicht, mögen sie noch so attraktiv gestaltet
sein. Letztlich möchten die Menschen wissen, was wir persönlich glauben,
worauf wir unser Lebenshaus bauen, wofür wir als Menschen und als Kirche
einstehen.»
Dölf Weder war nie interessiert
an kontroverstheologischen Fragen. Für ihn stand und steht die
Christus-Beziehung, die Christus-Gemeinschaft im Zentrum und damit das
Zeugnis des einen Lichtes, Christus. Er sieht die Faszination des neuen
Papstes Franziskus gerade darin, «dass es ihm gelingt, so deutlich
auszudrücken und so glaubwürdig zu leben, dass es um die
Christus-Gemeinschaft geht und darum, Gott und den Menschen nahe zu
sein.»
Nun geht Dölf Weder Ende März
frühzeitig in Pension und wird anschliessend ein «sabbatical», also ein
«freies Jahr» geniessen.