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Davids Musik (1. Samuel 16, 14-23)

100 Jahre Kirche Feld, Flawil

 

 

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Festgottesdienst der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Flawil
Sonntag, 8. Mai 2011, Kirche Feld, Flawil
Predigt Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident


A)  Die neue Kirche im Dorf

Liebe Mitchristinnen und Mitchristen,

Gestern war sie 100 Jahre alt, eure Kirche Feld, der Grund des heutigen Gemeindefestes und dieses Festgottesdienstes.

Die Evangelischen Flawiler haben sich vor 100 Jahren zusätzlich zur Kirche Oberglatt eine zweite Kirche geleistet. Ihre Hauptkirche sollte im Dorf stehen; dort, wo die Menschen leben. Das war ihr grosses Anliegen.

Mit den Menschen im Dorf als Kirche unterwegs sein, ist nicht nur eine Frage der Geographie oder des Standorts eines Kirchengebäudes. Es ist auch heute die ständige Herausforderung, nahe an den Menschen zu sein, als christliche Gemeinde miteinander das Leben zu teilen; beides: das Alltagsleben wie das Feiern an Sonntagen und Festen.

Unsere Kantonalkirche drückt diese Aufgabe aus in ihrer Vision,  eine Kirche „nahe bei Gott – nahe bei den Menschen“ zu sein. Diese Vision haben offensichtlich schon eure Vorfahren verfolgt, als sie sich vor 100 Jahren entschieden, eine neue Kirche im Dorf zu bauen.

Und wie viel Leben hat diese Kirche hier nicht inzwischen beherbergt! Sie war und ist Raum für die all-sonntäglichen Gemeindegottesdienste. In ihr haben sich viele junge Paare versprochen, ihr Leben fürderhin gemeinsam zu gehen und miteinander in Liebe verbunden zu bleiben.

Etwas später haben sie dann vielleicht  mit grosser Freude ihre Kinder hier zur Taufe getragen und sie Gottes Schutz anbefohlen.

Die Kinder wurden älter und schliesslich erwachsen. In der Konfirmation nahmen sie in dieser Kirche selber Stellung zum Glauben.

Dieser Raum war und ist aber auch ein Ort der Trauer, wenn von lieben Menschen Abschied genommen werden muss. Dann erinnert sie uns daran, dass wir auch im den dunklen Schluchten des Lebens nicht allein gelassen sind, sondern dass unser guter Gott uns begleitet und uns trägt - sogar dann, wenn wir ihn nicht mehr zu spüren vermögen.

Eine Kirche ist eben mehr als ein blosses Steingehäuse. Sie ist Heimat für Leben. Leben in all seinen Aspekten, den fröhlichen wie den traurigen.

Nun waren die Flawiler schon immer durchaus sparsame Leute. Sie achteten auch damals auf die Kosten ihres neuen Gotteshauses.

Aber ihre neue Kirche im Dorf sollte auch etwas Spezielles werden: Ein imposanter Bau, der schon durch sein Erscheinungsbild Gott verkündigt. Die Rosette über dem Eingang gibt das Ziel und die Richtung vor: „Dein Reich komme“.

Man entschied sich darum nicht für einen gesichtslosen Dutzendbau, sondern setzte auf modernste zeitgenössische Architektur. Das war zur damaligen Zeit der Jugendstil, wie er beispielsweise heute noch in formidablen architektonischen Meisterwerken im Herzen von Prag zu bewundern ist.

Heute mag dieser Stil nicht mehr allen von uns gefallen, aber damals war er absolut hip. Ein Hauch der grossen Welt also, mitten im Dorf Flawil.

Ich verbinde diese Kirche hier mental stets mit der Kirche, in der ich selber aufgewachsen bin: mit der Heiligkreuzkirche in St. Gallen Tablat, eine Jugendstilkirche ähnlichen Alters und Aussehens.

Und noch etwas verbindet mich mit diesem Gotteshaus: Meine Grosseltern Rietmann lebten hier gerade vis à vis. Im jetzt abgebrochenen Haus betrieb mein Grossvater eine Velowerkstatt. Er schenkte mir auch mein erstes Velo, dem ich bis in meine Studienjahre treu blieb.

Wenn ich bei meinen Grosseltern und beim von mir so geliebten Schäferhund Benno zu Gast war, erlebte ich den Klang der mächtigen Kirchenglocken und war beeindruckt vom grossen Kirchengebäude und seinem wunderschönen Turm.

Übrigens habe ich mir hier in Flawil auch zum ersten Mal in meinem Leben ganz zünftig die Finger verbrannt.

Ich wollte meinem Grossvater nämlich nicht glauben, dass ein Lötkolben zum Veloreparieren wirklich heiss ist. Alle meine Finger waren anschliessend an den Praxistest doppelt so dick wie vorher und von meiner Grossmutter kunstgerecht in dicke Bandagen eingewickelt.

 

B)  B-Treff und Musik

Heute assoziiere ich die Kirchgemeinde Flawil mit zwei besonderen Programmen:

Das erste ist der B-Treff im Bahnhof. Die beiden Kirchgemeinden hier in Flawil haben früh die schwierige Situation  von armutsbetroffenen Menschen gesehen. Sie wissen, dass Diakonie ganz zentral zu jeder christlichen Gemeinde gehört.

An diesem B-Treff gefällt mir besonders, dass diesen Menschen nicht nur einfach wohlmeinend geholfen wird. Nein, man befähigt sie, ihr Leben trotz Armut in die eigenen Hände zu nehmen, aktiv zu werden und Initiative zu ergreifen.

Dass die Menschen vom Flawiler B-Treff mit dieser Philosophie  auf der Marktgasse in St. Gallen dann grad noch einen Weltrekord aufgestellt haben, war dann wirklich die Krönung. Das Guinness Buch der Rekorde
hat es mit einer Urkunde bestätigt: Sie haben das grösste Rührei der Welt gekocht, gerührt aus rund 8‘000 Eiern!

Eine wohlverdiente Frucht dieser Aktion war dann zusätzlich, dass eine Vertretung des B-Treffs an einer grossen Armutskonferenz in Bern ihre Ideen zur Armutsbekämpfung Bundesrat Didier Burkhalter und seinen Experten persönlich vortragen durften.

Das ist auch Kirche mitten im Dorf! Nicht aus Stein, nicht 100 Jahre alt, aber mindestens ebenso wichtig und gottesnah.

Die zweite Assoziation, die bei mir die Kirchgemeinde Flawil weckt, ist Musik. Hier in Flawil gibt es ein reges Chorleben für jung und alt. Das gemeinsame Musikmachen trägt ganz wesentlich zum Gemeindeleben bei.

Ihr Flawiler habt dabei keine Angst vor der Vielfalt der Musikstile. Da leben Gospel und Populäre Musik ganz friedlich neben der Klassik und der traditionellen Kirchenmusik.

Es spricht ja nicht jedermann der gleiche Musikstil an. Also braucht es eine Vielfalt von Musik. Nur dann werden viele Menschen in ihrem Herzen angesprochen.

Und dass euch das auch als Kirchgemeinde gelingt, zeigen ja beispielsweise eure Gospelgottesdienste, von denen ich selber bereits an vielen Orten in der Schweiz geschwärmt habe.

Ich finde es darum schön, und ausgesprochen passend, dass ihr die Jubiläumsfeierlichkeiten bereits gestern abend angefangen habt. Und zwar mit einer grossen „Nacht der Chöre“. Mit acht Chören aus Flawil und Umgebung.

 

C) Davids Musik

Bei diesem wichtigen Thema Musik möchte ich noch einen Augenblick verweilen und dazu einen Blick in die Bibel werfen.  - Auf eine wunderschöne Geschichte im Alten Testament, die mich kürzlich wieder neu gefesselt hat.

Sie spielt etwa 1000 vor Christus, also vor 3000 Jahren. Und sie erzählt,
wie der später berühmteste jüdische König, David, als junger Bursche seine Karriere am Königshof seines Vorgängers Saul begonnen hat: Nämlich als Leier-Spieler, als Amateur-Musiker.

König Saul ging es nicht mehr gut. Er litt an Schwermut und Depressionen, hatte ständig Probleme mit den feindlichen Philistern und fühlte sich von Gott verlassen.

Da erinnerte sich seine Umgebung an die wohltuende Wirkung von Musik und schlug Saul vor, für ihn einen Saitenspieler zu engagieren.

Mit Sauls Einverständnis fiel die Wahl auf den jungen Hirtenbuben David. Die Bibel schreibt von ihm: „Er war bräunlich, hatte schöne Augen und eine gute Gestalt“.

David gewinnt bald Sauls Herz. Er wird auch sein Waffenträger, heiratet eine von Sauls Töchtern und entwickelt eine tiefe Freundschaft mit Jonathan, Sohn von Saul.

Leider wissen wir, dass diese gute Anfangszeit später in Neid und Hass auf David umschlägt. Jonathan bleibt David unerschütterlich treu, stirbt aber schliesslich zusammen mit Saul in einer Schlacht gegen die Philister.

Ich lese euch diese Geschichte vor. Sie findet sich im 16. Kapitel des 1. Buches Samuel im Alten Testament.

„Aber von Saul war der Geist Gottes gewichen, und ein schwermütiger Geist, den Gott sandte, ängstigte ihn. Da sagten Sauls Berater zu ihm: „Eine Schwermut, die von Gott kommt, quält dich. Unser Herr braucht nur zu reden, seine Knechte stehen bereit. Sie werden einen Mann suchen, der auf der Leier zu spielen versteht. Und wenn dann ein böser Geist von Gott über dich herfällt, mag der Mann mit seiner Hand in die Saiten greifen, und es wird besser mit dir werden.“

„Ja“, erwiderte Saul, „seht euch nach einem um, der das Saitenspiel versteht, und bringt ihn zu mir.“ Da antwortete einer der jungen Männer: „Ich kenne einen Sohn des Isai in Bethlehem, der kann spielen. Er ist ein tapferer Mann, tüchtig zum Kampf, des Wortes mächtig
und schön von Aussehen, und der Herr ist mit ihm.“

Und Saul sandte Boten zu Isai: „Sende deinen Sohn David zu mir, den Schafhüter!“ Da nahm Isai einen Esel, dazu Brot, einen Schlauch Wein
und ein Ziegenböcklein und sandte es Saul durch seinen Sohn David. So kam David zu Saul und trat in seinen Dienst, und Saul gewann ihn sehr lieb und machte ihn zu seinem Waffenträger Und er sandte zu Isai und liess ihm sagen: „Lass David in meinen Dienst treten, ich liebe und schätze ihn.“

So oft nun der Geist der Schwermut von Gott über Saul kam, nahm David die Harfe und griff mit der Hand in die Saiten. So wurde es Saul leichter, und der böse Geist wich von ihm.“

(1. Samuel 16, 14-23; Übersetzung Jörg Zink)

Nun könnte natürlich zu dieser Geschichte sehr vieles gesagt werden.

Mir ist es heute einfach ein Anliegen, in Anknüpfung an unser Fest auf die wohltuende und wichtige Funktion von Musik im christlichen Leben hin zu weisen.

Wie viele Menschen haben nicht in schweren Zeiten wie Saul in gefühlvoll vorgetragener Musik Trost gefunden. Und wie viele Menschen haben nicht in glücklichen Zeiten ihre Freude in tief empfundener Jubelmusik ausgedrückt.

David hat die Musik sein ganzes Leben lang weiter gepflegt, sei es während seiner Zeit als Kriegsheld oder später als König.

Er gilt bis heute als der grösste Psalmdichter der Bibel. Sehr viele Psalmen und Lieder im Alten Testament werden ihm zugeschrieben. Und unzweifelhaft hat er auch selber gesungen und sich auf der Leier begleitet.

Dabei ist bei Davids musikalischem Schaffen etwas auffällig, was die berühmte Gospelsängerin Mahalia Jackson einmal in der Abgrenzung zwischen säkularem Blues und christlichem Gospel formuliert hat.

Davids Musik rechnet mit Gott, rechnet mit Gottes helfender, tröstender und zurecht bringender Kraft.

Mahalia Jackson - sie lebte 1911 bis 1972 – formulierte das so:

„Es hat mich immer froh gemacht, Gospelsongs zu singen. Ich fange an zu singen und gleich fühle ich mich gut. Wenn man mit dem Blues fertig ist, hat man nichts, woran man sich halten kann. Ich sage den Leuten: Wer nur den Blues singt, ist wie einer, der in einer tiefen Grube sitzt und um Hilfe schreit; und das ist einfach nicht meine Situation.“

Theo Lehmann, der eine Biographie über Mahalia Jackson schrieb,
ergänzt:

„Freilich war sie mit ihren Gospel Songs in der gleichen Ausgangssituation wie der Bluessänger, wenn sie wie Daniel in der Löwengrube aus der Tiefe des Elends um Hilfe rief. Der Unterschied bestand nur darin, dass sich ihr Hilfeschrei an die bestimmte Person von Jesus richtete, der selbst in die Tiefen des menschlichen Elends hinab gestiegen ist und seine Hilfe denen, die ihn anrufen, verheissen hat.“

Es geht also um Musik, die einen göttlichen Grund und ein göttliches Gegenüber hat.

Damit, liebe Flawiler, sind wir jetzt wieder zurück bei unserem Fest.

Was uns als christliche Gemeinde ausmacht, ist, dass wir uns mit unserer Freude - wie zu anderen Zeiten mit unseren Schmerzen - an ein Gegenüber wenden.

Ob wir eine Kirche bauen, einen B-Treff führen oder Musik machen, all das hat immer ein Gegenüber: nämlich unseren guten Gott.

Ein Gott, der nicht einfach weit entfernt im siebten Himmel wohnt. Sondern ein Gott, der sich uns in einem Menschen selber gezeigt, mit uns gelebt hat, und immer noch mit uns lebt.

Jesus Christus hat gezeigt und gelebt, wie Gottes Liebe uns Menschen zugewandt ist und uns trägt. - In allen Situationen des Lebens: In Freud und Leid, im Gelingen und im Scheitern, in Schuld und Vergebung.

Dass wir alle, Flawiler und Auswärtige, auch weiterhin in diesem Geiste leben und in diesem Geiste unseren Mitmenschen begegnen, das wünsche ich auch an diesem Festtag uns allen von Herzen.

Amen.

 



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Inhalt

Die neue Kirche im Dorf

B-Treff und Musik

Davids Musik

 

 

 

Mit den Menschen als Kirche im Dorf unterwegs sein, dort wo die Menschen leben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Kirche ist Heimat für Leben, Leben in all seinen Aspekten, den fröhlichen wie den traurigen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diakonie gehört ganz zentral zu jeder christlichen Gemeinde. Das ist auch Kirche im Dorf.

 

 

 

Menschen befähigen, ihr Leben trotz Armut in die eigenen Hände zu nehmen, aktiv zu werden und Initiative zu ergreifen.

 

 

 

 

 

Es spricht nicht jedermann der gleiche Musikstil an. Also braucht es eine Vielfalt von Musik. Nur dann werden viele Menschen in ihrem Herzen angesprochen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Da erinnerte sich seine Umgebung an die wohltuende Wirkung von Musik.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Davids Musik rechnet mit Gott, rechnet mit Gottes helfender, tröstender und zurecht bringender Kraft.

 

 

 

 

 

 

 

Es geht um Musik, die einen göttlichen Grund und ein göttliches Gegenüber hat.

 

 

All unsere Tätigkeit als Kirche hat immer ein Gegenüber: unseren guten Gott.

 

 

Jesus Christus hat gezeigt und gelebt, wie Gottes Liebe uns Menschen zugewandt ist und uns trägt.