Erklärung an der Sommersynode 2003
und Artikel im St. Galler Kirchenboten, Juli 2003
Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident
Ab 2005 Firmung ab 18 im Bistum St.
Gallen
Wie in der Presse zu lesen war, hat das Bistum St. Gallen beschlossen,
ab 2005 das Firmalter von 12 auf 18 Jahre hinaufzusetzen. Pilotversuche
werden bereits seit längerem durchgeführt. Auf reformierter Seite hat
das zu einem Wiedererwachen der alten Diskussion über das
Konfirmationsalter geführt – diesmal allerdings mit dem Vorschlag einer
Korrektur nach oben. Der Kirchenrat hat die sich anbahnende Entscheidung
in der Schwesterkirche seit längerem verfolgt und kürzlich an einer
Sitzung diskutiert, ob evangelischerseits Handlungsbedarf besteht. Die
Antwort lautete einstimmig „nein“. Warum?
Die St. Galler Kirchenordnung sieht die Konfirmation „in der Regel“ im 9.
Schuljahr vor. Sie schliesst damit nicht aus, auch mit 18 Jahren zu
konfirmieren. Sollte eine Kirchgemeinde die Konfirmation jedoch generell
auf 18 Jahre ansetzen wollen, ohne ein Angebot im 9. Schuljahr offen zu
halten, so ergäbe sich eine Reihe von Konsequenzen, die im Detail noch zu
studieren wären. Zum Beispiel müssten dann nach dem Lehrplan des Kantons
St. Gallen neu auch die Reformierten im 9. Schuljahr Religionsunterricht
erteilen.
Situation anders als bei den
Katholiken
Die Situation ist eine andere als bei den Katholiken. Die Firmung wird von
vorpubertären 11 oder 12 Jahren auf 18 hinaufgesetzt, während die
Konfirmation bereits jetzt am Ende der Schulzeit liegt. Sie fällt bewusst
zusammen mit dem Erreichen der religiösen Mündigkeit, mit der Aufnahme in
die Gemeinde der Erwachsenen und mit dem Recht zum Patenamt.
In
der Praxis zeigt sich, dass die Konfirmanden mit 15 oder 16 Jahren aus der
Negativpubertät heraus und fruchtbare Diskussionen und persönliche
Entscheide durchaus möglich sind. Konfirmandenunterricht kann - richtig
erteilt - attraktiv und spannend sein. Allerdings muss er sich heute
methodisch und im ganzen Arrangement vom schulischen Religionsunterricht
unterscheiden. Der kürzlich revidierte Kirchenordnungsartikel 125 macht
deutlich, dass der Pfarrer oder die Pfarrerin selber für den „Konf“
verantwortlich ist. Er oder sie kann (und soll) aber auch andere
freiwillige und angestellte Mitarbeitende einbeziehen oder ihn in
regionaler Zusammenarbeit erteilen.
In
unserem Kanton lässt sich noch immer der grösste Teil der reformierten
Jugendlichen konfirmieren. In den katholischen Pilotprojekten liegt der
Anteil bei Firmung 18 bei rund 70 Prozent. Mittelfristig wird mit noch
deutlich niedrigeren Zahlen gerechnet. Nach Meinung des Kirchenrates würde
mit Konfirmation ab 18 darum ein wichtiges Element von Volkskirche
preisgegeben. Das dürfte zudem nicht getan werden ohne sorgfältige
Absprache mit den anderen Schweizer Kirchen.
Die wirkliche Herausforderung von „Firmung ab 18“ lautet ganz anders: Eine
für junge Erwachsene attraktive Kirche sein. Also ein hohes Engagement in
kirchlicher Jugendarbeit mit Nachkonfirmierten zeigen. Und mit Nachdruck
neue, lebendige Formen von Kirche mit jungen Erwachsenen fördern. Genau
das fordert unsere Vision „St. Galler Kirche
2010“. An uns Kirchenmitgliedern allen ist es, eine solche auch für
junge Menschen attraktive Kirche „nahe bei Gott – nahe bei den
Menschen“ zu leben.