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Vorstellung als Kandidat für das
Kirchenratspräsidium
Vorsynoden der Evang.-ref. Kirche des
Kantons St. Gallen, Juni 1999
Pfr. Dr. Dölf Weder
Von Papier und
verschiedenen Auftritten wisst Ihr eigentlich schon recht viel von mir.
Vielleicht einfach noch einmal einige Stichworte zur Biographie:
Vikariat und Doktorat in Praktischer Theologie; Tätigkeit als
Jugendsekretär in St. Gallen. Dann Gemeindepfarrer in Wil, daneben
Religionsunterricht an der Kantonsschule St. Gallen. Und seit 1990 Generalsekretär
des Europäischen CVJM Bundes mit Sitz in St. Gallen.
Mein Kirchenbild habe ich
am Hearing von Ende Januar und dann im Kirchenboten vorgestellt: Ich träume
von einer kraftvollen, lebendigen Kirche im Aufbruch. Eine Kirche mit
und neben den Menschen von heute - wie Jesus uns das vorgelebt hat. Eine
für die Menschen wichtige Kirche, die wir alle miteinander gestalten.
Heute Abend möchte ich
aber vor allem etwas zur Rolle des Kirchenratspräsidenten in der
Kirchenmusik sagen.
Zwei Arten von
Musik: Graue Musik und blaue Musik
Vor kurzem habe ich mit
einem Freund, einem skandinavischen Pfarrer, über meine Kandidatur hier
diskutiert. Da sagte er mir: „Weisst du, Dölf, in der Kirche ist es
ja ganz ähnlich wie im CVJM. Es braucht zwei Arten von Musik: Graue
Musik und blaue Musik. Und als Kirchenratspräsident musst du genau wie
im Cevi beide Arten von Musik spielen.“
Graue Musik hat es zu tun
mit Strukturen, Reglementen und Finanzen, mit Organisieren,
strategischer Planung und Sitzungen. Graue Musik ist wichtig. Sie baut
und unterhält das Haus der Kirche.
Aber es braucht blaue
Musik, um das Haus mit Leben zu füllen.
Blaue Musik ist das
Kreative, das Leben, die menschlichen Beziehungen – und auch die
Begeisterung. Sie ist der Inhalt unserer Aktivitäten. Sie ist das, was
dem kirchlichen Haus erst den Sinn und die Bedeutung für die Menschen
gibt. Sie ist der Glaube, sie ist der Geist.
Ohne graue Musik ist die
Kirche ein Chaos und nicht lebensfähig. Ohne blaue Musik ist sie ein
wohl organisiertes Haus ohne Leben, und letztlich ohne die Herzen der
Menschen.
Als Kantonalkirche geht es
darum, beide Arten von Musik zu fördern.
Im Bereich der grauen Musik
stehen zur Zeit verschiedene Herausforderungen an:
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Wichtig finde ich erstens die Förderung der Zusammenarbeit unter den
kantonalkirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – Profi und
Nicht-Profi. Es geht darum, einen motivierten und motivierenden Geist zu
fördern: Wir arbeiten alle miteinander an etwas ganz Wichtigem.
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Dazu müssen
wir klar wissen, was unsere gemeinsamen Ziele und Prioritäten sind. Die
müssen wir zusammen erarbeiten und dann zusammen erreichen.
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Dann zweitens das Fördern und Begleiten von regionaler Zusammenarbeit
zwischen den Kirchgemeinden, wie wir das ja an der Aussprachesynode klar
herausgearbeitet haben. |
Das Fördern
der Arbeit der Kirchgemeinden überhaupt. Da geschieht ja die wirkliche
Arbeit. Die Kantonalkirche soll nahe bei den Kirchgemeinden sein, sie
ermutigen, begleiten und ihnen helfen, vermehrt miteinander zusammen zu
arbeiten und voneinander zu lernen.
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Im finanziellen Bereich müssen wir uns
drittens den Konsequenzen des neuen
Steuergesetzes stellen. Der Kirchenrat hat an seiner Retraite von
anfangs Juni einen Katalog mit kurz-, mittel- und langfristig
anzupackenden Themenkreisen aufgestellt. Daran muss jetzt gearbeitet
werden. |
Die
vorhandenen Mittel müssen möglichst effizient und effektiv eingesetzt
werden.
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Viertens müssen wir vertieft die Empfehlungen im Visitationsbericht und jene
der Jugendsynode studieren und entsprechende Verhaltensänderungen und
Massnahmen einleiten.
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Und schliesslich darf man fünftens auch das Informationskonzept nicht
vergessen. Da ist ja eine Synodalkommission an der Arbeit. In diesem
Bereich gibt es noch sehr viel zu denken und zu tun. |
Das sind nur fünf der
wichtigen Aufgaben im Bereich der grauen Musik.
Blaue Musik ist schwieriger
zu beschreiben und nicht einfach so „machbar“. Man muss sich
aufmachen; man muss Gott und den Menschen Raum geben, Gelegenheiten
schaffen. Es ist eine vielfältige, farbige Musik. Manchmal auch eine
provozierende Musik: Da gibt es auch rote, gelbe, grüne und violette
Elemente darin. Man muss gut zuhören, glaubhaft reden und dienend
handeln.
Als Kantonalkirche müssen
wir unserer Kirche und der Gesellschaft immer wieder deutlich machen,
dass wir das Haus mit grauer Musik nur darum bauen, damit sich
blaue Musik ereignen kann.
Wir müssen auf allen
Ebenen Raum und Gelegenheiten schaffen für sie. Wir wollen die Fenster
aufmachen. Wir wollen auch vermehrt aus unserem Haus hinaus, dort hin,
wo die Menschen sind; zu jenen Fragen, die sie beschäftigen. Wir wollen
ja zusammen mit den Menschen Musik machen.
Blaue Musik gibt es übrigens
in Dur und in Moll, und auch als Blues. Weil es im Leben glückliche und
schwierige Zeiten gibt. Beides hat bei uns Platz.
Interessant finde ich auch
die Erfahrung, dass graue Probleme dann gelöst werden können, wenn man
miteinander auch blaue Musik macht.
Und so stehe ich denn für
eine Kantonalkirche, die beide Arten von Musik ernst nimmt und fördert.
Für eine offene Kirche, die klar im christlichen Glauben verwurzelt
ist. Ein Glaube, der nicht ein Hinterhof des Lebens ist, sondern mitten
im Leben steht, dem Leben Tiefe und Substanz gibt. Christliches Leben,
das real erlebbar ist.
Das ist die grosse
Herausforderung, die ich als Kandidat für dieses spezielle Amt ganz
deutlich spüre: Auf gute Art gleichzeitig graue und blaue Musik zu fördern.
Das geht nicht allein. Ich
möchte es mit Euch zusammen machen – falls Ihr mich denn wählen
solltet...
Danke.
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Inhalt
Zur Biographie
Zwei Arten von Musik: Graue
Musik und blaue Musik
Herausforderungen im
Bereich der grauen Musik
Raum schaffen für blaue
Musik
Ich träume
von einer kraftvollen, lebendigen Kirche im Aufbruch.
Graue Musik hat es zu tun
mit Strukturen, Reglementen und Finanzen, mit Organisieren,
strategischer Planung und Sitzungen.
Graue Musik ist wichtig. Sie baut
und unterhält das Haus der Kirche.
Es braucht blaue
Musik, um das Haus mit Leben zu füllen.
Blaue Musik ist das
Kreative, das Leben, die menschlichen Beziehungen – und auch die
Begeisterung. Sie ist der Glaube, sie ist der Geist.
Wir
müssen klar wissen, was unsere gemeinsamen Ziele und Prioritäten sind. Die
müssen wir zusammen erarbeiten und dann zusammen erreichen.
Blaue
Musik ist nicht so einfach "machbar". Man muss sich
aufmachen; man muss Gott und den Menschen Raum geben, Gelegenheiten
schaffen.
Wir
bauen das Haus mit grauer Musik nur darum, damit sich
blaue Musik ereignen kann.
Ein Glaube, der nicht ein Hinterhof des Lebens ist, sondern mitten
im Leben steht, dem Leben Tiefe und Substanz gibt.
Das geht nicht allein.
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