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Zur Schliessung von Schloss Wartensee

Dankesfeier zur Schliessung von Schloss Wartensee

 

 

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Dankesfeier vom 2. Dezember 2011 auf Schloss Wartensee, Rorschacherberg; Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident

 


Dankbarkeit und Wehmut

Liebe Freunde und Freundinnen von Schloss Wartensee
Geschätzte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Über die heutige Feier zur Schliessung von Schloss Wartensee hat der Stiftungsrat den Titel „Dankesfeier“ gesetzt. Und ich soll ein Dankeswort im Namen der Kantonalkirche abstatten.

Das fällt mir nicht schwer. Es ist zwar traurig, und es stimmt uns sehr wehmütig, dass unser Tagungs- und Begegnungszentrum nun schliessen muss. Wir hatten ja so Freude daran und sind so stolz darauf gewesen. Dennoch überwiegt bei weitem die Dankbarkeit für all das Gute und Bereichernde, das Menschen in den letzten 60 Jahren hier haben erleben dürfen.

Diese Dankbarkeit gilt vorab all jenen Mitarbeitenden, die in all diesen Jahren das Leben in diesem Haus ermöglicht und getragen haben. Sie taten es in der Küche, im Service, in den Zimmern, an der Rezeption. Sie taten es als Betriebsleiter, als Bildungsverantwortliche, als Mitglieder der kantonalkirchlichen Synode, des Kirchenrates und des Wartensee Stiftungsrates. Und sie haben es nicht zuletzt getan als Visionäre, die nach dem 2. Weltkrieg das Potential dieses Schlosses erkannten und es über viele Jahre zu einem Leuchtturm in unserer Kirche und Gesellschaft machten.

 

Anfänge und Blütezeit

1954/55 entstand der Verein Ostschweiz. Evang. Heimstätte Schloss Wartensee. Der Verein übernahm das Schloss von Franziskanerinnen. Sie bildeten hier als ihr Missionshaus Novizinnen für den Einsatz in Kolumbien aus.

Die Fünfzigerjahre waren die Zeit der Akademie- und Heimstättenbewegung im deutschsprachigen Raum. Engagierte Christinnen und Christen wollten die Gesellschaft, die nach dem 2. Weltkrieg neu aufzubauen war, massgeblich mitgestalten. Dazu musste man die gesellschaftlichen Fragen auf den Tisch bringen und im Lichte des Evangeliums offen, und häufig auch kontrovers, diskutieren. Es war auch die Zeit des Aufblühens eines ökumenischen Geistes. Ihm hat sich mit dem 2. Vatikanischen Konzil in den 60er Jahren dann auch die Katholische Kirche angeschlossen. 

Die Anfangszeit der Heimstätte Schloss Wartensee war geprägt von Dr. Rodolfo Olgiati. Er hat Wartensee von 1958 bis 1971 geleitet und ihm zu einer ersten Blüte verholfen Das Schloss selber war in der Anfangszeit in einem pitoyablen Zustand. Ich erinnere mich selber noch, wie ich als 15-Jähriger im Rahmen eines Cevi-Freiwilligeneinsatzes im Schlossgarten Brennesseln mähte.

Eine neue inhaltliche Blütezeit erlebte das Schloss dann 1971 bis 1991 unter der Leitung von Arne Engeli und seiner Frau. Es herrschte hier ein reges Leben mit Seminaren zu gesellschaftlichen Fragen, mit Veranstaltungen für Schicksalsgruppen, Alleinerziehende, Familien. Kirchliche Festtage wurden gefeiert, Meditations- und Fastenwochen angeboten, Gottesdienste gefeiert. Schweizweit bekannt waren die 8-wöchigen Bauernkurse und die jährliche 6-wöchige Schweizer Jugendakademie. Pro Jahr zählte man bis zu 7'000 Teilnehmende in eigenen Kursen. Dazu kamen bis zu 10‘000 Personen in Gastkursen. Die Aktivitäten waren nicht selten umstritten. Die Themen verletzten für Viele eigene Tabus. Oder das Ganze hatte ihnen zu viel „Linksdrall“.

 

Die Zeiten ändern sich

Mitten in dieser Blütezeit musste 1984 die Kantonalkirche das Schloss vom Heimstättenverein übernehmen; der Verein konnte den notwendigen Unterhalt nicht mehr bezahlen.

Die Jahre 1994 bis 1996 brachten dann eine völlige Neustrukturierung von Wartensee durch die Kantonalkirche. Die Erwachsenenbildung wurde vom Schloss weg verschoben. Sie wurde Thema einer Arbeitsstelle an der „Perle“, Sitz der Kantonalkirche in St. Gallen. Dafür renovierte diese das Schloss tiefgreifend - nach einer hitzigen Debatte in der Synode. Es ging um 12 Millionen Franken Renovationskosten, die von unseren Kirchgemeinden aufgebracht werden mussten. 

Gleichzeitig änderte sich aber auch die Situation der kirchlichen Erwachsenenbildung. Und das zunehmend dramatisch. Kirchliche Seminare und Tagungen haben heute einen sehr schweren Stand. Die Erwachsenenbildung der Kirchen spielt sich vorwiegend dezentral und mehr in Abend- und Tagesveranstaltungen ab. Die Belegung des Schlosses durch kirchliche Gruppen ist darum in den letzten zwei Jahrzehnt stetig geschrumpft und liegt heut weit unter 20 Prozent – obwohl die Kantonalkirche die Hotelkosten für kirchliche Gruppen in substantiellem Umfang subventioniert.

Der renovierte Schlossbetrieb aber entwickelte sich unter der Leitung von Peter Wickli und Wolfgang Menz ausgesprochen erfreulich. Wir von der Kantonalkirche sind heute sehr stolz auf ihn. Das letzte Jahrzehnt hat Schloss Wartensee mit Sicherheit den Höhepunkt in Sachen Hotellerie und Gastronomie gebracht. Der Dreisternebetrieb Schloss Wartensee hat nicht mit hohen Preisen, sondern mit der Qualität seiner Dienstleistungen in der Top-Liga der Schweizer Tagungshäuser mitgespielt. Schloss Wartensee erhielt deshalb auch mehrfach Auszeichnungen als bestes Seminarhotel.

Gleichzeitig musste der Kirchenrat allerdings bereits 1999 erstmals in der Synode erklären, dass sich der Betrieb des Schlosses, und die damit verbundenen hohen Kosten, nicht mehr mit Erwachsenenbildung rechtfertigen lassen. Wir verstanden Wartensee aber weiterhin als kirchlichen Leuchtturm in Kirche und Gesellschaft hinein.

 

Verkaufsentschluss und Ringen um die Zukunft von Wartensee

Unter dem Eindruck der sich verdüsternden Finanzperspektiven unserer Kirche führte diese Entwicklung zehn Jahre später, im Sommer 2009, zum Beschluss der Synode, Schloss Wartensee einer anderen Trägerschaft zuzuführen.

Man konnte zwar kürzlich in den „Bodensee Nachrichten“ lesen, das Schloss sei „alles andere als unrentabel“, und die Umsätze in diesem Jahr „rekordverdächtig“. Der „Bodensee“-Redaktor hat damit aber miserabel recherchiert. Wäre das so, würden wir ja nicht verkaufen. Was er geschrieben hat, ist nur der eine Teil der Wahrheit. Der Betrieb Schloss Wartensee hat zwar in den letzten Jahren meistens mit einer ziemlich ausgeglichenen Betriebsrechnung abgeschlossen. Dieses neutrale Betriebsergebnis war aber nur möglich, weil die Tagungsstätte der Kantonalkirche für die Miete des ganzen Schlosses im Monat gerade mal Fr. 1‘666 bezahlte. Viele von uns werden für ihre Wohnung mehr Mietzins bezahlen als unsere Tagungsstätte für das ganze Schloss samt Park abliefert. Die Kantonalkirche musste deshalb für das Schloss aus eigener Tasche jedes Jahr Barausgaben in der Höhe zwischen Fr. 100‘000 und 200‘000 tätigen. Rechnet man noch die nicht verrechneten Kapitalkosten und die nicht vorgenommenen Amortisationen dazu, bedeutet das, dass die Kantonalkirche jedes Jahr für Schloss Wartensee rund eine halbe Million Franken aufgewendet hat. Und das kann sie sich jetzt und will sie sich jetzt in den schwieriger werdenden Zeiten nicht mehr leisten. Das verstand die Synode – und beschloss im Sommer 2009 den Verkauf, ziemlich einstimmig übrigens.

Und jetzt, liebe Freunde und Freundinnen von Wartensee, fragen Sie sich natürlich, wo wir denn heute, 2 ½ Jahre nach diesem Synodeentscheid, stehen. Die meisten von Ihnen werden in den Zeitungen gelesen haben, dass uns leider kürzlich mit der Saxo Bank eine ideale und finanzkräftige Käuferschaft unerwartet abgesprungen ist. Sie hätte das Schloss praktisch nahtlos nach der Betriebsschliessung von Mitte Dezember übernommen. Es hat zwar eine ganze Reihe von anderen Interessenten gegeben, und es gibt auch verschiedene neue Interessenten, die sich in letzter Zeit bei uns gemeldet haben. Mit diesen können wir aber nicht verhandeln, bevor nicht die Zonenzuordnung der Liegenschaft Wartensee an der Urne geklärt ist. Das wird erst nächsten März der Fall sein.

Der Kirchenrat möchte der Öffentlichkeit nämlich ein „grünes Wartensee“ erhalten. Also eine Liegenschaft Wartensee, so wie sie heute ist. Er hat sich deshalb mit der Saxobank für eine Käuferschaft entschieden, die genau das garantiert hätte. Entsprechend haben wir zusammen mit dem Gemeinderat die Umzonung der Liegenschaft in eine neue Grün- und Schutzzone Schloss angestrebt. Alles wäre baulich so geblieben, wie es jetzt ist. Nur im Innern des Schlosses hätte es einige Änderungen gegeben. Und die Bevölkerung hätte weiterhin Zutritt zu Wartensee.

Wir meinten, die Menschen von Rorschacherberg seien uns für diese Lösung dankbar. Zum grossen Erstaunen des Kirchenrates haben stattdessen aber 429 Bürgerinnen und Bürger von Rorschacherberg das Referendum gegen diese neue Grünzone ergriffen. Wenn am 11. März 2012 auch die Mehrheit der Stimmbürger an der Urne zur neuen Grünzone „nein“ sagt, dann bleibt das Schloss in der gegenwärtigen Zone. Und das ist eine Zone für öffentliches Bauen. Damit könnten beim Weiherhaus rund 2000 m2 Land neu überbaut werden.

Der Kirchenrat kann mit beiden Zonenzuordnungen leben. Er muss sich dann einfach für eine zonen­konforme Käuferschaft entscheiden. Interessenten gab und gibt es für beide Zonenversionen. Bleibt Wartensee eine öffentliche Bauzone, wäre das aus Rentabilitätsgründen mit grosser Wahrscheinlichkeit mit einem substantiellen Neubau auf dem Westteil der Liegenschaft verbunden. Kommt es in eine Grünzone, kann auf Wartensee praktisch nicht mehr gebaut werden.
[Am 11. März 2012 stimmte die Bürgerschaft von Rorschacherberg an der Urne mit grosser Mehrheit der Umzonung in eine Grün- und Schutzzone zu.]

Über die Verwendung des erwarteten Netto-Erlöses entscheidet nächsten Montag die Synode. Im Falle Saxobank wären das gut zehn Millionen Franken gewesen. Der Kirchenrat schlägt der Synode vor, einen Wartensee-Fonds zu schaffen. Damit sollen innovative und regionale Projekte von Kirchgemeinden gefördert werden. – Der innovative Geist von Wartensee würde fortleben.
[Die Synode hat am 5. Dezember 2011 den entsprechenden Beschluss gefasst.]

 

Abschied in Dankbarkeit von einer guten und prägenden Phase in der Geschichte von Schloss Wartensee

Liebe Wartensee Freunde und Freundinnen, die Geschichte von Wartensee ist viele Jahrhunderte alt. Sie war wechselhaft, zum Teil gar chaotisch. Schloss Wartensee hat viele und ganz unterschiedliche Zeiten erlebt: Ganz grosse Hochs, und ganz tiefe Tiefs, und viel dazwischen. Wir nehmen heute Abschied von einer prägenden Phase im Leben dieses Schlosses -  ich glaube auch: von einer sehr guten Phase im Leben dieses Schlosses.

Wir verlassen es mit Stolz und mit Dankbarkeit für alles, was Menschen in diesen Mauern und im Naturpark  in den letzten mehr als 50 Jahren erlebt haben.

Wir freuen uns über den wundervollen baulichen Zustand, in dem sich Schloss Wartensee heute befindet. 

Wir hoffen auf eine gute, und möglichst „grüne“ Zukunft unseres geliebten Schlosses und Parks.

Vor allem aber danken wir nocheinmal allen Menschen ganz herzlich, die in den letzten Jahrzehnten zum farbigen und bedeutungsvollen Leben auf dieser wundervollen Warte am See beigetragen haben.

Danke!

 

 



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Inhalt

Dankbarkeit und Wehmut

Anfänge und Blütezeit

Die Zeiten ändern sich

Verkaufsentschluss und Ringen um die Zukunft von Wartensee

Abschied in Dankbarkeit von einer guten und prägenden Phase in der Geschichte von Schloss Wartensee

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Engagierte Christinnen und Christen wollten die Gesellschaft, die nach dem 2. Weltkrieg neu aufzubauen war, massgeblich mitgestalten.

 

 

Man musste die gesellschaftlichen Fragen auf den Tisch bringen und im Lichte des Evangeliums offen, und häufig auch kontrovers, diskutieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kirchliche Seminare und Tagungen haben heute einen sehr schweren Stand. Die Erwachsenenbildung der Kirchen spielt sich vorwiegend dezentral und mehr in Abend- und Tages-veranstaltungen ab.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der innovative Geist von Wartensee wird fortleben.

 

 

 

 

 

 

Wir verlassen das Schloss mit Stolz und mit Dankbarkeit für alles, was Menschen in diesen Mauern und im Naturpark  in den letzten mehr als 50 Jahren erlebt haben.