|
|
| Die Liebe zum Saxophon kam in
der Lebensmitte
|
Die Liebe zum Saxophon entflammte in meiner Lebensmitte. Wieder war es eine Begegnung mit Menschen,
welche die Leidenschaft in mir wach rief. Auf einer meiner
Fahrradtouren in
Südeuropa besuchte ich in Spanien das
Konzert eines Saxophonquartetts junger Saxlehrer. Sie spielten Stücke von Johann Sebastian Bach über
Isaac Albéniz bis Dizzy Gillespie. - Und wie bei meiner ersten Begegnung mit
dem Cello war ich hingerissen vom tiefen, alles zum Schwingen bringenden Ton
des Bariton-Saxes. Das musste ich lernen! | |
Ich suchte mir einen Saxophonlehrer, begann mit
Tenorsax, bald darauf mit Bariton, ergänzt durch Ausflüge zu anderen Saxtypen,
speziell dem Soprano. In einem Saxophonquintett spielte ich Bariton Sax. Wir spielten zum eigenen Vergnügen und mit Freunden
alles Mögliche von Evergreens
und Standards über Gospel, Blues und Swing bis hin zu Elton John, Robbie
Williams und Rainhard Fendrich. Ein für mich neues und herausforderndes Feld war
und blieb die freie Improvisation, mit der ich - von klassischem Notenlesen her
kommend - immer noch meine liebe Mühe
habe. |
Wie immer taten sich für mich mit dem neuen Thema
auch ganze neue Welten auf. Musikalisch jene der grossen Jazzmusiker, ihrer Stile und
Aufnahmen, heute auf CDs mit hervorragendem Klang zugänglich. Dann der Reichtum
der Jazz- und modernen Harmonielehre. Aber auch die
spannende Geschichte der Saxophone selber - samt der Faszination von
altehrwürdigen Vintage Instrumenten, von denen ich ein vergoldetes
Martin Handcraft Baritonsaxophon (tief Bb) von 1925 und ein Conn C-Melody aus
den Zwanzigerjahren besitze. |
Eine live Begegnung mit
Sean Moyses und seinem virtuosen Spiel auf dem 4-saitigen Plectrum Banjo rief mir meine jugendlichen Versuche auf dem Banjo in Erinnerung. Ich begann
mich mit der faszinierenden Geschichte des Banjo zu beschäftigen: Von seinem
westafrikanischen Ursprung und seiner Reise mit den Sklaven in die USA, über die
Reduktion des 5-saitigen Banjos des 19. Jahrhunderts zum 4-saitigen, mit dem Plectrum gespielten Rhythmusbanjo im frühen New Orleans Jazz der 20er Jahre und
im Dixieland, die Verwendung des 5-Saiters in der amerikanischen - speziell der appalachischen
- Old Time Music
(Frailing, Clawhammer Stile), die Entwicklung des 3-Finger Scruggs-Style im
entstehenden Bluegrass der späten 40er Jahre, die Banjo-Verwendung im Folk Revival
der 60er Jahre (Pete Seeger), bis hin zu modernen Interpreten wie
Béla Fleck oder den in
der Schweiz aufgewachsenen
Krüger Brothers, die das Banjo auf kreativste Weise in allen möglichen
musikalischen Kontexten und Stilrichtungen einsetzen. | |
Wie immer reichte mir das blosse Musikhören und
Lesen nicht, sondern ich reaktivierte auch - auf sehr bescheidenen Niveaus -
mein eigenes Spielen auf diesen Instrumenten. Ich besitze unter anderem ein
Deering
Tenbrook Banjo mit einem Jens Krüger Tonring der Schweizer Glockengiesserei Rüetschi in Aarau. | |
Die Beschäftigung mit amerikanischer Old Time Music brachte mich in Kontakt
mit
George Orthey, einem der grossen Pioniere der diatonischen Autoharp, einem
genuinen und sehr speziellen amerikanischen Instrument. Ich entdeckte auch die
Welt der stark mit den Appalachen verbundenen Mountain Dulcimer und der Hammered
Dulcimer, einer nahen Verwandten des Hackbretts. Ich wurde und bin zudem ein Freund alter
Cowboy Songs, wie sie zum Beispiel vom Texaner Don Edwards gesammelt und gesungen
wurden. |
Die Beschäftigung mit Banjos und deren Geschichte
brachte mich in Kontakt mit Edward Dick, einem Instrumentenbauer in Colorado,
der seit Ende der 90er Jahre unter dem Namen
Banjola eine Art Banjo
mit Mandolinkorpus entwickelte. Er baute mir eine 6-saitige Banjola mit
Nylonsaiten und einer alpinen Fichtendecke aus Bergün (Graubünden, Schweiz) - ein wunderbares
Instrument mit einem trotz des kleinen Körpers vollen Ton und einem sehr
entspannenden, ja meditativen Charakter. Banjola spielen sieht man mich
hier. |
Dank Banjo und Banjola fand ich den Weg zurück zu den Gitarren. Nach einem
Fahrradunfall mit
einer bleibenden Beeinträchtigung der Drehfähigkeit meines linken Ellbogens und
damit der Hand,
glaubte ich nie mehr Gitarre spielen zu können. Vor allem das - von mir deshalb
fast senkrecht gehaltene - Banjo und die Banjola wirkten als Physiotherapie.
Die Beweglichkeit erhöhte sich, und unter Umstellung auf eine klassische
Gitarrenhaltung konnte ich mein Gitarrenspiel
wieder einigermassen aktivieren. | |||||||
Die Beschäftigung mit verschiedenen
amerikanischen Roots Musikstilen und die Reaktivierung der Gitarre, vor allem
Fingerstyle und Travis Picking, führten mich
schliesslich auch zu den Stilen und Instrumenten der traditionellen Hawaii Musik:
| |||||||
Zu meiner Pensionierung erhielt ich von meiner
Kirche als Abschiedsgeschenk eine wundervolle Guitarlele (eine Ukulele mit sechs
Saiten und einer um eine Quarte erhöhten Gitarrenstimmung). Sie ist eine
Customarbeit von Kristen und Joe
Souza (Kanilea). |
Was macht man eigentlich musikalisch,
wenn man spät abends nach hause kommt, zu müde, sich an ein
wiederum Konzentration verlangendes musikalisches Instrument oder gar
hinter Notenblätter zu setzen? Aber dennoch das Verlangen in sich
tragend nach
eigenen, heilenden und harmonischen Tönen? | |
Für mich ist das Spielen einer
indianischen Flöte etwas ganz anderes als das Spielen anderer
Instrumente. Natürlich kann man auf ihr alle möglichen Kompositionen
oder überlieferte indianische Melodien interpretieren. Aber wirklich
aufzuleben beginnt sie nach meiner Meinung, wenn man das Licht
ablöscht, den Kopf abschaltet und auf ihr einfach
improvisiert und seine Gefühle ausdrückt. Oder
wenn man sich in die Natur setzt und mit den Vögeln und Mutter Natur
zu sprechen beginnt. |
Es ist ein grosses Privileg, nach der
Pensionierung als "Privatier" die Früchte des Berufslebens und neue Freiheit
geniessen zu dürfen. Neben wieder mehr sportlicher Bewegung bedeutet das für
mich vor allem viel Zeit für Musik und für meine Sammlung
vielfältiger Musikinstrumente. Ich knüpfte dabei an Instrumentenphasen
vergangener Lebensjahre an. Unter anderem an das Akkordeon, das seit meinen
Studentenjahren ein Mauerblümchendasein fristete. Daraus folgte durch Reisen und
Begegnungen - unter anderem im Akkordeon-Mekka Castelfidardo, Italien - die mich faszinierende Beschäftigung mit wechseltönigen und diatonischen Instrumenten: mit dem italienischen Organetto,
mit der Steirischen Harmonika und mit dem sehr speziellen Bandoneon. Neben
Literatur und audiovisuellem Material helfen mir auf dieser Entdeckungsreise Besuche, Workshops, Seminare und
Privatstunden. | |
Einige wunderschöne Begegnungen hatte ich
inzwischen auch mit Drehorgeln der - und in der - Firma
Raffin Drehorgelbau in Überlingen,
Deutschland. Dieser kleine Handwerksbetrieb baut sehr schöne und
ausserordentlich wohlklingende voll mechanisch-akustische Instrumente und
produziert eine grosse Auswahl dazu passender Musikrollen. Eine ganz spezielle
und musikalisch sehr interessante Welt! | |
Meine gute alte Yamaha Electone Heimorgel aus den
frühen Achtzigerjahren ist heute ersetzt durch ein grossartiges Yamaha Clavinova
CVP-809. Die Qualität seiner Tastatur und Klavierstimmen bleiben hinter jenen
meines akustischen Klaviers kaum noch zurück; von den vielen übrigen im
Instrument verfügbaren Instrumentenklängen nicht zu sprechen. Phänomenal der
technologische Fortschritt in dieser Zeit! | |
Neue Zuwendung erhielt und erhält auch mein alter
Freund aus der Jugendzeit, das Cello. Dieses Instrument zeichnet sich aus durch
ein Klang- und Resonanzerlebnis, das auf besondere Art den ganzen Körper in
Schwingung versetzt. Ich spiele mit einem
Arcus-Bogen auf einer wunderschönen
Montagnana Kopie von
Edgar Russ, Cremona, Italien. | |
Auf dem Weg der Erkundung von volksmusikalischen
Instrumenten stiess ich auch auf die Keltische Klappenharfe bzw. die Lever Folk
Harp. Es sind kleinere bis mittelgrosse diatonische Harfen und meist in Eb, F
oder C Dur gestimmt. Die Halbtöne auf den in der klassischen Musik verwendeten
grossen Pedalharfen werden mittels komplizierter Mechaniken mit den Füssen
bedient. Bei den kleineren Klappenharfen versetzen mit der Hand bediente Klappen oben an
den einzelnen Saiten deren Ton um einen Halbton nach oben und ermöglichen so
auch auf diesen Harfen ein chromatisches Spiel in mehreren Tonarten. | |
Mundharmonika spiele ich ebenfalls mit grosser
Freude und zur Entspannung, inzwischen vorwiegend chromatische Instrumente von
Hohner,
Seydel und
Suzuki. |
Im Moment beschäftige ich mich auch stark mit der Steirischen Harmonika. Damit eröffnete sich mir wieder eine ganz neue Welt, sowohl vom Instrument her als auch von der Kultur, in der es lebt und in den letzten Jahren zu neuer Popularität gelangt: Die alpenländische Musikkultur, wie sie namentlich in Österreich, in Bayern, Slowenien, Slowakei, Tschechien, und in Ablegern und in Verwandtschaft auch in der Schweiz und in anderen Regionen gepflegt wird. Den Einstieg in die Steirische wählte ich über einen didaktisch und methodisch hervorragend aufgebauten Fernlehr-Videokurs und die Methodenhefte von Florian Michlbauer. Er hat - neben den Stars der Volksmusik- und Schlagerszene - mit der Weiterentwicklung der Griffschrift, mit dem 5-Fingersystem und mit stilistisch vielseitigem Notenmaterial wesentlich zur heute stark zunehmenden Verbreitung der Steirischen Harmonika beigetragen. Weil es ein nicht so schwierig zu erlernendes Instrument ist, beginnen es häufig auch Pensionierte zu spielen und freuen sich an anfänglich recht schnellen Fortschritten. Zum Michlbauer-Material hinzu kommt bei mir der Besuch von Wochenseminaren, beispielsweise im Stoanineum in Gasen, Steiermark. Durch das Zusammenleben und durch gemeinsames freies Musizieren in Gastwirtschaften, werden die Lektionen bei qualifizierten Lehrpersonen auf eine lebendige, sozial aktive Art ergänzt. Das führt auch zu bereichernden neuen Bekanntschaften über Landesgrenzen hinweg. Vor allem für das Erlernen des Auswendigspielens ist die technisch, didaktisch und methodisch hervorragende Website der Gebrüder Fuchs, Ziachfuchs, sehr hilfreich. Wiederum
ist für mich der Kontakt mit und das Besuchen von inzwischen einer
ganzen Reihe mittelständischer Harmonikahersteller und das
Kennenlernen ihrer Bau- und Klangphilosophien eine wundervolle
Ergänzung meiner musikalischen Aktivitäten. Ich spiele Instrumente von
Rumberger,
Kärtnerland,
Schmidt und
Novak.
|
Ein Wermutstropfen bleibt: Das Lernen
von Neuem und die Weiterentwicklung von bestehendem musikalischem
Können wird mit fortschreitendem Alter schwieriger. Höhere Ambitionen sind fehl am
Platz, zumal wenn man so ein Hansdampf in allen Gassen ist wie ich. Was aber immer bleibt, ist die emotional tiefgehende Freude an guten und schönen
Instrumenten, an wunderbaren Klängen auch auf bescheidenen
Spielniveaus. Und natürlich an der Musik, welche die Könner ihres Faches damit zu machen
wissen. | |
Zusammengefasst: |
Eine meiner indianischen Flöten (Native American Flute), "Stockente" in E-Moll, geschaffen von Ted Calavan, Oregon
[ Home
] [ Aktuell ] [ Index ]
[ Suchen/Search ]
[ Texte
] [ Photographie ] [
Musik ] [ Person ]
[ Texts
] [ Photography ]
[ Music ] [ Person
]
© 1996-2024 by Dölf Weder,
weder@weder.ch. All Rights
Reserved.
Impressum/Privacy
www.weder.ch
Last updated:
27.12.23
|